FONO FORUM verleiht Opus Magnum den "Stern"
FONO FORUM, 07/2017
Frank Siebert
Mit einem feierlichen C-Dur erklingt die Ouverture aus Bachs Orchestersuite BWV 1066 in der Transkription von Gustav Martin Schmidt, entstanden um 1890. Angelika Nebel, die dieses einleitende Stück mit ihrem ehemaligen Studenten Wagner Prado aufführt, hat sich in den letzten Jahren als profunde Kennerin von Bachs Bearbeitungen für den Konzertflügel profiliert.
Nach bereits drei CDs mit teilweise seltenen Bearbeitungen stellt die Pianistin nun den ersten Teil eines "Opus Magnum" vor - ein Titel, der höchste Erwartungen weckt, die in der Tat in dreifacher Hinsicht erfüllt werden. Erstens, weil hier der Genius Bachs in seiner Universalität konzentriert gewürdigt wird, zweitens durch Nebels erlesenes Spiel, das von einer im besten Sinne bescheidenen Einfachheit ist und jeder Note ein emotionales und sinntiefes Kraftfeld entlockt, und drittens in der konzeptionellen Geschlossenheit.
Wie in Bachs "Wohltemperiertem Klavier" hat Angelika Nebel Transkriptionen durch alle Dur- und Molltonarten ausgewählt und selbst zwei Bearbeitungen beigesteuert. Ihr kleiner Variationssatz gis-Moll aus der Kntate BWV 40 steht in seiner berührenden Schönheit dem berühmten "Jesu bleibet meine Freude" von Myra Hess in nichts nach. Anders als der Thomaskantor gibt die Pianistin die systematisch aufsteigende Tonartenfolge zugunsten einer dramaturgisch lebendigen Abfolge auf, ordnet die zwölf Werke als großen Lebensbogen vom leuchtenden Beginn bis zur transzendentalen Todesreflexion aus der Kantate BWV 127.
Angelika Nebels originelles Tonartenkonzept rückt die einzelnen Bearbeitungen näher an den Bach'schen Geist, weil sie nicht als Einzelwerk, sondern als komplexes Gesamtwerk aufgefasst werden. Auf die Folge-CD mit zwölf weiteren Werken darf man gespannt sein.