[:de]Joseph Haydn (1732-1809)
Sonate e-Moll (Hob. Verz. XVI:34)
1. Presto
2. Adagio
3. Vivace molto
Johannes Brahms (1833-1897)
Drei intermezzi op.117
4. Nr. 1 Andante moderato
5. Nr. 2 Andante non troppo e con molto espressione
6. Nr. 3 Andante con molto
Olivier Messiaen (1908-1992)
7. Cantéyodjayă
Cristóbal Halffter (geb. 1930)
8. Introducción Fuga y Final op. 15
Hörbeispiele
Johannes Brahms – Drei intermezzi op.117 Nr. 2 Andante non troppo e con molto espressione Download
Cristóbal Halffter – Introducción Fuga y Final op. 15 Download
Rezensionen
Wolf Rosenberg im Südwest-Radio
Booklettext
Das Programm der vorliegenden Einspielung spannt einen großen Bogen zwischen Klaviermusik des 18.-20. Jahrhunderts. Ein bedeutsames Beispiel für das Klavierschafen Joseph Haydns (1732-1809) ist die Sonate e-moll (Hob.Verz. XVI:34), entstanden um 1783. Stilistisch steht sie in Haydns Sonatenschaffen auf der Schwelle zur Klassik und ist (nach U. Leisinger) dem Typus der Sonaten für „Kenner und Liebhaber“ zuzuordnen.
Zwei ineinander greifende Motive in Gegenbewegung bilden das Kopfthema des ersten Satzes, während das Seitenthema noch nicht lyrisch-kontrastierend erscheint, sondern ähnlich angelegt ist. Beispielhaft für eine gewisse Nähe zu C. Ph. E. Bach, mit dessen Kompositionen sich Haydn besonders intensiv auseinandergesetzt hat, ist das auskomponierte Arpreggio (Takt 14 ff.) der linken Hand. Ein kompositorisches Element wie dieses ist in Haydns Klavierstil erst seit 1780 aufzufinden.
An Koloraturen reich ist der zweite Satz in G-Dur, der nach einer Modulation H-Dur attacca subito zum dritten Satz führt. Hier verwendet Haydn zu Beginn die Charakterisierung innocentemente, die zu dieser Zeit in der Wiener Klaviermusik gänzlich neu war. Er verdeutlicht hiermit den im besten Sinne „naiven“ Tonfall des in Doppelvariationen zwischen e-moll und E-Dur pendelnden Finales.
Zum Spätwerk von Johannes Brahms (1833-1897) gehören die Drei Intermezzi op. 117, von ihm selbst einmal „Wiegenlieder meiner Schmerzen“ genannt. Für das erste Intermezzo in Es-Dur empfing er wie für zahlreiche weitere Kompositionen schöpferische Inspiration aus einer Liedstrophe. Sie entstammt dem schottischen Wiegenlied aus Herders „Stimmen der Völker“, dessen erste Zeilen er als Motto dem Stück voranstellte:
„Sanft sanft, mein Kind, schlaf sanft und schön!
Mich dauerts sehr, dich weinen sehn.“
Das zweite Intermezzo b-moll gehört zu Brahms‘ tiefgründigsten Klavierstücken. Rückwendung, Hemmung und Zurücknahme bestimmen die Atmosphäre, und dies noch im Ausbruch, im Höhepunkt. Formal steht das Stück gleichwohl auf „klassischer“ Höhe der Ausbalanciertheit und Vollkommenheit.
Im dritten Intermezzo in cis-moll vermittelt eine fast durchweg bestehende fünftaktige Periodizität den Eindruck von Unruhe und Unausweichlichkeit. In dem überwiegend im piano- und sotto voce-Ton gehaltenen Stück sind die zweimaligen Entwicklungen zu forte hin das Ergebnis einer immensen Fülle, die sich in verhaltener Leidenschaftlichkeit ausspricht.
Der nächste Schritt des vorliegenden Programms führt zu dem Franzosen Olivier Messiaen (1908-1992). Die Klavierstücke Cantéyodjayă und „Mode de valeurs et d’intensité“, beide 1949 komponiert, wurden im Februar 1954 in Paris uraufgeführt, gespielt von Yvonne Loriod und Loivier Messiaen. Beide Kompositionen verhalten sich zueinander „wie das Gedicht zum Traktat“ (Hans Rudolf Zeller), wobei Cantéyodjayă im Vergleich mit dem für die serielle Musik bahnbrechenden „Mode…“ als die freiere, sinnlichere Vorform angesehen werden kann.
Über seine Kompositionstechnik sagte Messiaen: „Ich habe mich nie einer Schreibweise absichtlich bedient. Ich verwende Modi und Rhythmen automatisch und instinktiv, ja ohne zu begreifen, dass es anders sein könnte. Warum dies oder jenes verbannen? Wenn ich Lust habe, den Gesang der Vögel zu imitieren oder die râgas der Inder? Wenn ich Lust habe, mich plötzlich er Reihentechnik zu bedienen, weil ich plötzlich ihrer bedarf?“
Der Titel „Cantéyodjayă“ heißt soviel wie „Ordnung des Gesanges“. Messiaen hatte sich intensiv mit den Desitâlas, den Rhythmen des alten Indien beschäftigt und über deren wunderbaren Reichtum meditiert. Einige indisch-französische Anweisungen lassen die Nähe hierzu spüren, wieder andere wie „tendre“ oder „caressant“ die emotionale Intensität dieses hochexpressiven Klavierstücks.
Der spanische Komponist Cristóbal Halffter (geb. 1930) schrieb über die Entstehung seiner Introducción, Fuga y Final op. 15:“Anfangs sollte mein „Introducción, Fuga y Final“ eine Sammlung von Stücken unbestimmter Anzahl für Klavier werden. Die ersten Gedanken zu diesem Werk kamen mir Mitte Januar 1957. Und im November desselben Jahres war etwas entstanden, das sich möglicherweise beträchtlich von dem entfernt hatte, was es zunächst hatte werden sollen…
Als ich bereits eine klare Vorstellung hatte, mir der ich versuchen konnte, etwas zu Papier zu bringen, begann ich mit der Gestaltung des heutigen „Final“ meines Werkes. Ich wollte eine „Toccata“ im Stile Bachs schreiben, was Rhythmus und Form anlangt. Diese Form kann man als Präludium aus drei verschiedenen Teilen bezeichnen:
A, B, A‘. A lässt die Atmosphäre einer „Toccata“ über dem insistierenden Rhythmus von vier Sechzehntelnoten, die gelegentlich durch Augmentation zu sechs erweitert werden, entstehen…
Nach der „Fuga“ wird noch einmal das Thema „Cantabile“ wiederholt, das bereits in der „Introductión“ zu hören war, ebenso wie einige Takte, die dem Rhythmus und der Vorstellung am Anfang des Werkes entsprechend gebaut sind. Dies schafft eine Atmosphäre, die aus der Grundidee des letzten Satzes entstanden ist und die mir als Übergang zum Beginn des „Final“ dient.“
Angelika Nebel
Die CD ist auf Wunsch signiert bei Angelika Nebel zu bestellen (Preis: 10,00 €).[:en]Joseph Haydn (1732-1809)
Sonate e-moll (Hob. Verz. XVI:34)
1. Presto
2. Adagio
3. Vivace molto
Johannes Brahms (1833-1897)
Drei intermezzi op.117
4. Nr. 1 Andante moderato
5. Nr. 2 Andante non troppo e con molto espressione
6. Nr. 3 Andante con molto
Olivier Messiaen (1908-1992)
7. Cantéyodjayă
Cristóbal Halffter (geb. 1930)
8. Introducción Fuga y Final op. 15
Hörbeispiele
Johannes Brahms – Drei intermezzi op.117 Nr. 2 Andante non troppo e con molto espressione Download
Cristóbal Halffter – Introducción Fuga y Final op. 15 Download
Rezensionen
Wolf Rosenberg im Südwest-Radio
Booklettext
Das Programm der vorliegenden Einspielung spannt einen großen Bogen zwischen Klaviermusik des 18.-20. Jahrhunderts. Ein bedeutsames Beispiel für das Klavierschafen Joseph Haydns (1732-1809) ist die Sonate e-moll (Hob.Verz. XVI:34), entstanden um 1783. Stilistisch steht sie in Haydns Sonatenschaffen auf der Schwelle zur Klassik und ist (nach U. Leisinger) dem Typus der Sonaten für „Kenner und Liebhaber“ zuzuordnen.
Zwei ineinander greifende Motive in Gegenbewegung bilden das Kopfthema des ersten Satzes, während das Seitenthema noch nicht lyrisch-kontrastierend erscheint, sondern ähnlich angelegt ist. Beispielhaft für eine gewisse Nähe zu C. Ph. E. Bach, mit dessen Kompositionen sich Haydn besonders intensiv auseinandergesetzt hat, ist das auskomponierte Arpreggio (Takt 14 ff.) der linken Hand. Ein kompositorisches Element wie dieses ist in Haydns Klavierstil erst seit 1780 aufzufinden.
An Koloraturen reich ist der zweite Satz in G-Dur, der nach einer Modulation H-Dur attacca subito zum dritten Satz führt. Hier verwendet Haydn zu Beginn die Charakterisierung innocentemente, die zu dieser Zeit in der Wiener Klaviermusik gänzlich neu war. Er verdeutlicht hiermit den im besten Sinne „naiven“ Tonfall des in Doppelvariationen zwischen e-moll und E-Dur pendelnden Finales.
Zum Spätwerk von Johannes Brahms (1833-1897) gehören die Drei Intermezzi op. 117, von ihm selbst einmal „Wiegenlieder meiner Schmerzen“ genannt. Für das erste Intermezzo in Es-Dur empfing er wie für zahlreiche weitere Kompositionen schöpferische Inspiration aus einer Liedstrophe. Sie entstammt dem schottischen Wiegenlied aus Herders „Stimmen der Völker“, dessen erste Zeilen er als Motto dem Stück voranstellte:
„Sanft sanft, mein Kind, schlaf sanft und schön!
Mich dauerts sehr, dich weinen sehn.“
Das zweite Intermezzo b-moll gehört zu Brahms‘ tiefgründigsten Klavierstücken. Rückwendung, Hemmung und Zurücknahme bestimmen die Atmosphäre, und dies noch im Ausbruch, im Höhepunkt. Formal steht das Stück gleichwohl auf „klassischer“ Höhe der Ausbalanciertheit und Vollkommenheit.
Im dritten Intermezzo in cis-moll vermittelt eine fast durchweg bestehende fünftaktige Periodizität den Eindruck von Unruhe und Unausweichlichkeit. In dem überwiegend im piano- und sotto voce-Ton gehaltenen Stück sind die zweimaligen Entwicklungen zu forte hin das Ergebnis einer immensen Fülle, die sich in verhaltener Leidenschaftlichkeit ausspricht.
Der nächste Schritt des vorliegenden Programms führt zu dem Franzosen Olivier Messiaen (1908-1992). Die Klavierstücke Cantéyodjayă und „Mode de valeurs et d’intensité“, beide 1949 komponiert, wurden im Februar 1954 in Paris uraufgeführt, gespielt von Yvonne Loriod und Loivier Messiaen. Beide Kompositionen verhalten sich zueinander „wie das Gedicht zum Traktat“ (Hans Rudolf Zeller), wobei Cantéyodjayă im Vergleich mit dem für die serielle Musik bahnbrechenden „Mode…“ als die freiere, sinnlichere Vorform angesehen werden kann.
Über seine Kompositionstechnik sagte Messiaen: „Ich habe mich nie einer Schreibweise absichtlich bedient. Ich verwende Modi und Rhythmen automatisch und instinktiv, ja ohne zu begreifen, dass es anders sein könnte. Warum dies oder jenes verbannen? Wenn ich Lust habe, den Gesang der Vögel zu imitieren oder die râgas der Inder? Wenn ich Lust habe, mich plötzlich er Reihentechnik zu bedienen, weil ich plötzlich ihrer bedarf?“
Der Titel „Cantéyodjayă“ heißt soviel wie „Ordnung des Gesanges“. Messiaen hatte sich intensiv mit den Desitâlas, den Rhythmen des alten Indien beschäftigt und über deren wunderbaren Reichtum meditiert. Einige indisch-französische Anweisungen lassen die Nähe hierzu spüren, wieder andere wie „tendre“ oder „caressant“ die emotionale Intensität dieses hochexpressiven Klavierstücks.
Der spanische Komponist Cristóbal Halffter (geb. 1930) schrieb über die Entstehung seiner Introducción, Fuga y Final op. 15:“Anfangs sollte mein „Introducción, Fuga y Final“ eine Sammlung von Stücken unbestimmter Anzahl für Klavier werden. Die ersten Gedanken zu diesem Werk kamen mir Mitte Januar 1957. Und im November desselben Jahres war etwas entstanden, das sich möglicherweise beträchtlich von dem entfernt hatte, was es zunächst hatte werden sollen…
Als ich bereits eine klare Vorstellung hatte, mir der ich versuchen konnte, etwas zu Papier zu bringen, begann ich mit der Gestaltung des heutigen „Final“ meines Werkes. Ich wollte eine „Toccata“ im Stile Bachs schreiben, was Rhythmus und Form anlangt. Diese Form kann man als Präludium aus drei verschiedenen Teilen bezeichnen:
A, B, A‘. A lässt die Atmosphäre einer „Toccata“ über dem insistierenden Rhythmus von vier Sechzehntelnoten, die gelegentlich durch Augmentation zu sechs erweitert werden, entstehen…
Nach der „Fuga“ wird noch einmal das Thema „Cantabile“ wiederholt, das bereits in der „Introductión“ zu hören war, ebenso wie einige Takte, die dem Rhythmus und der Vorstellung am Anfang des Werkes entsprechend gebaut sind. Dies schafft eine Atmosphäre, die aus der Grundidee des letzten Satzes entstanden ist und die mir als Übergang zum Beginn des „Final“ dient.“
Angelika Nebel
Die CD ist auf Wunsch signiert bei Angelika Nebel zu bestellen (Preis: 10,00 €).[:]